Praxisfall (1): Hier kommt Bibi…

Der Kanal von Bibi gehört zu den am häufigsten abonnierten deutschsprachigen YouTube-Kanälen. Hinter dem Künstlernamen Bibi steht Bianca Heinicke, die 1993 in Köln geboren wurde.

Bibi hat mit ihrem Stil offenbar sehr exakt den Geschmack der jungen Youtube-Konsumenten getroffen. Ihre schnelle, spontane Art, die auf das ältere Publikum etwas «überdreht» wirkt, kommt bei den Gleichaltrigen bestens an. Bereits haben mehr als 1,5 Milliarden Menschen ihre Videos angeschaut und über 4,5 Millionen Web-User haben ihren Youtube-Channel abonniert. Das sind unglaubliche Werte für eine einzelne Person, die ihre Video-Inhalte von der Story, Filmaufnahmen und Schnitt bis zur crossmedialen Publikation in Eigenregie produziert.

So wirkt Bibi in einer ihrer unzähligen Video-Botschaften:

Bibi: Video-Marketing aus dem «Kinderzimmer»

Natürlich ist Bibi auch eine clevere Geschäftsfrau. Sie erreicht mit ihrem Youtube-Channel wesentlich mehr Web-User als Mittbewerber wie zum Beispiel Nivea Deutschland (per Stichtag 15. September kommt dieser Channel auf lediglich 39’000 Abonnenten die bisher 23 Millionen Nivea-Videos anschauten). Mit einer Spiegelreflexkamera (Canon EOS 600D) und einer einfach bedienbaren Schnittsoftware (Video Magix Delux) produziert Bibi dynamische Video-Botschaften im “Kinderzimmer-Look”. In diversen Videos stellt stellt sie mit viel Leidenschaft, die von ihr entwickelte Bilou-Kollektion vor. Das kommt bei der Web-Community enorm gut an. Die hohen Betrachtungszahlen ihrer Videos sind der Beweis dafür.

Mit ihrer neuen Duschschaum-Kollektion ist sie dermassen erfolgreich unterwegs, dass es an den Verkaufspunkten sogar zu Lieferengpässen kam.

Als junge Youtuberin fordert Bibi Weltkonzerne wie Unilever oder Nivea heraus.

Bibi lud erstmals im Jahre 2012 ein Video auf ihren  Youtube-Channel, den sie auf den Namen “Bibis Beauty Palace” taufte. In der Anfangsphase konzentrierte  sich Bibi auf die Themen Mode und Kosmetik, stellte dabei beispielsweise Kosmetikprodukte und Kleidung vor. Wahrscheinlich wurden die “Kinderzimmer”-Videos von einigen Marketingverantwortlichen in den grossen Konsumgüterkonzernen belächelt und niemand rechnete damit, dass Bibi auf die Idee kommen könnte, eine eigene Produktlinie auf den Markt zu bringen. Wer über 4,5 Millionen Fans hat, die bereits über 1’500 Millionen Videos (!!!) angeschaut haben, setzt Weltkonzerne wie Unilever, Procter & Gamble oder Niveau unter Druck.

Hier ein Video aus dem Youtube-Channel von Nivea Deutschland

Die Protagonistinnen kommen frisch und dynamisch rüber. Nivea ist damit sicher auf dem richtigen Weg und lernt stetig dazu. Ganz nach der Devise: Learning by Doing.

Praxisfall (2) Sallys Welt

Sally, die mit richtigem Namen Saliha Özcan heisst und 1988 in Bruchsal (D) zur Welt kam, liebt das Backen. Als Kind einer türkischen Familie wuchs sie in zwei Kulturen auf. Früh begann sie sich für das Kochen und Backen zu interessieren. Noch während des Studiums zur Hauswirtschaftslehrerin gründete sie ihren eigenen Youtube-Channel «Sallys Welt». Zusammen mit ihrem Mann Murat, einem Schwaben mit türkischen Wurzen, produziert Sally pro Woche drei Videos zum Thema Backen und Kochen. Jeden Monat schauen im Schnitt mehr als zwei Millionen Menschen ihre Videos an, und Sally hat sich inzwischen zur grössten Food-Youtuberin im deutschsprachigen Raum entwickelt.

Mehr als eine Million Abonnenten freuen sich regelmässig auf die neusten Ess-, Koch- und Lifestyletipps von Sally. Als Person wirkt Sally in den Videos bodenständig, authentisch und kollegial. Der Betrachter hat das Gefühlt, dass man einer guten, vertrauenswürdigen Kollegin zuschaut.

Gerade diese hohe Vertrauenswürdigkeit nutzt sie geschickt für ihren eCommerce-Shop. Dort gibt es alle möglichen Helfer und Geräte rund ums Backen und Kochen. Betrachter, die in einem Video die Anwendung eines Küchenhelfers oder Gerätes sehen, können mit wenigen Klicks in den Shop wechseln und das Produkt gleich bestellen.

Mit über zwei Millionen Personen, die pro Monat ihre Videos anschauen, dürfte die Anzahl derer, die bei Sally online einkaufen, recht hoch sein.

Praxisfall (3) Rügenwalder Mühle

Ein innovativer Favorit in Sachen Video-Marketing ist die Rügenwalder Mühle. Carl Müller gründete 1834 in der pommerschen Kleinstadt Rügenwalde eine Fleischerei. In der dritten Generation stellte Carl Wilhelm Gottfried Müller 1903 zum ersten Mal Teewurst her, in der Schweiz bekannt als Mettwurst.

Der Chef steht gleich selber hin und erzählt die Geschichte der Rügenwalder Mühle:

Kreativ und informativ zeigen engagierte Mitarbeitende, die hinter diesem KMU stehen, die gesamte Wertschöpfungskette mittels Videos auf. Von der Botschaft des Geschäftsführers, der die Geschichte der Firma plakativ erzählt, gelangt der Konsument zum sensitiven Thema der Fleischgewinnung bis hin zur Verarbeitung der Rohstoffe. Hier geht es um vertrauensbildende Massnahmen. Natürlich kommen auch Kollegen aus derProdukteentwicklung, dem Marketing und dem Vertrieb audiovisuell zu Wort.

Die Product-Managerin, Rabea Jantzen, stellt ihre neue Currywurst vor:

Auf den Verpackungen der Rügenwalder Mühle sind die Product-Manager und Mitarbeitende abgebildet, also jene Menschen, die mit Herzblut hinter ihren Produkten stehen. Man findet sie auch in den sozialen Medien; der interessierte Konsument kann mit ihnen Kontakt aufnehmen. Mit einem QR-Code gelangt der Konsument auf die Website der  Firma und kann sich dort die persönlichen Statements der Mitarbeitenden anschauen. Produktverpackungen werden dabei geschickt als crossmediale Leitinstrumente eingesetzt, um Kunden auf die Web-Seite mit den Video-Botschaften zu bringen.

Natürlich kommuniziert dieser Lebensmittelhersteller auch ausserordentlich gut auf Facebook und anderen sozialen Medien. Die Website ist mit einem Responsive Design  entwickelt worden und wirkt auch auf dem Smartphone klar strukturiert und überdurchschnittlich attraktiv.

Fazit:

  • Wer mit einem Video etwas verkaufen möchte, muss eine ganz wesentliche Grundregel beachten:

glaubwürdig und ehrlich sein.

Es existiert kein generelles Patentrezept für erfolgreiche Verkaufsvideos, aber es gibt praxisbewährte Anhaltspunkte, an die man sich halten kann. Als Autoren und Experten für Video-Kommunikation sehen wir fünf Faktoren, die dafür sorgen, dass ein Video gerne angeschaut wird:

Erfolgsversprechend sind Videos,

  • die unterhalten,
  • interessante Menschen zeigen,
  • hilfreichen Kunden-Support bieten,
  • über echte Neuigkeiten berichten
  • oder explizit auf Kundenbedürfnisse eingehen.

Wer dabei weniger auf Produktmerkmale fokussiert und dafür mehr den Kunden mit seinen Bedürfnissen ins Zentrum der Kommunikation rückt, macht einen ersten, aber sehr wesentlichen Schritt Richtung menschliches Storytelling und -selling. Unternehmen, die im Zeitalter der digitalen Transformation konsequent auf Menschlichkeit, Einfachheit und Kundennähe setzen, haben reale Chancen, positiv aufzufallen und nachhaltig davon zu profitieren, da eine Vielzahl von Unternehmungen genau das Gegenteil macht und auf anonyme Webshops, eBusiness-Plattformen und Hotlines mit uninteressierten, demotivierten Mitarbeitenden setzt.

1.) Videos in Sachen Kreativität und Komik

Will it blend…  (USA)

Mit einfachen, selbst hergestellten «Will it blend?»-Videos hat es die US-amerikanische Firma Blendtec geschafft, ihrem Küchenmixer eine beispielhafte Popularität zu verschaffen. Der Chef von Blendtec, Tom Dickson, sorgt seit Jahren mit zerstörerischen Videos auf Youtube für Aufsehen. Sein Mixer zerstückelt vom iPhone, iPad bis Halloween-Skelett alle nur erdenklichen Gegenstände. Als Chef tritt er sehr charismatisch und intelligent auf.

Aus Sicht der Autoren erzielen die Blendtec-Videos bei sämtlichen C-Faktoren von eins bis fünf sehr hohe Werte.

Fischer Bettwaren (Schweiz)

Angesichts der Tatsache, dass Herr Fischer mit seinen Bettwaren nur den Schweizer Markt versorgt, kommt er im Vergleich zu Blendtec ebenfalls auf verhältnismässig hohe Betrachtungswerte.

  • Beim ersten Eindruck wirkt das Video amateurhaft und etwas «handgestrickt» und alles andere als kreativ. Herr Fischer wirkt als Patron und Chef etwas «hölzern» und autoritär.
  • Man hat den Eindruck, dass aus Kostengründen Frau Fischer hinter der Kamera gestanden ist.

Während seiner Führung durch die Bettwarenfabrik macht er jedoch diverse Aussagen, die ihn zu einer schweizweit bekannten Kultfigur gemacht haben.

Auf Youtube gibt es diverse Parodien, bei denen der Originaltext von Herrn Fischer in einem anderen Zusammenhang nachgesprochen wird. Am meisten profitiert davon wieder Herr Fischer mit seiner Bettwarenfabrik. Wenn es um Bettwaren geht, ist offensichtlich keiner bekannter und beliebter als Herr Fischer. Es werden sogar Car-Reisen aus dem Ausland in die Schweiz organisiert, damit Kunden bei ihm einkaufen können.

2.) Videos mit charismatischen, glaubwürdigen Menschen

Die beiden obigen Videos sind positive Beispiele, weil Menschen darin eine wichtige Rolle spielen und auch gut rüberkommen, einerseits der Verkaufsmitarbeiter der Basler Versicherung und andererseits der Support-Mitarbeiter von UPC Cablecom.

  • Zuschauer lieben interessante, ehrliche Menschen mit starken Charakterzügen.
  • Wenn diese nützliche Tipps abgeben, gewinnen sie schnell Vertrauen und Wertschätzung
    der Betrachtenden.
  • Gut gemachte Erklärvideos fördern heute das Image einer Unternehmung viel stärker als irgendwelche austauschbaren Inserate oder Onlinebanner.

3.) Videos mit Neuigkeiten oder Hintergrundgeschichten

B&H ist ein Händler, der in den USA Foto- und Videosysteme vertreibt. Der Youtube-Channel von B&H wurde bereits über 70 Millionen Mal aufgerufen. Experten wie Rob Rives erklären in kurzen Videos neue Produkte und Trends. Seine lockere, unverfälschte Auftrittskompetenz kommt beim Netzpublikum sehr gut an. Die Art und Weise, wie er Vorteile neuer Innovationen, aber auch die damit verbundenen Schwachstellen pointiert und neutral erklärt und dabei stets die Sicht des Kunden miteinbezieht, sorgt dafür, dass seine Videos den Kaufentscheid vieler Kunden massgeblich beeinflussen. Auch für Canon (USA) ist ein B&H-Video mit Rob Rives als Experten viel mehr Wert als irgendein herkömmliches Inserat oder PR-Newsletter.

Und hier ein gelungenes Video zum Thema “Wearable LED & Solar Tech Fasion von der Firma Forster Rohner. Mit diesem Video demonstriert die Stickereifirma aus St. Gallen eindrücklich ihre Innovationskraft in der wettbewerbsintensiven Textilindustrie.

Food-Industrie im Wandel der Zeit: David gegen Goliath

Es gibt aber auch zahlreiche Kleinstbetriebe, die für eine kleine Revolution in der Food-Industrie sorgen. Im Zeitalter der Globalisierung erleben wir einen Gegentrend hin zu lokalen, mit Herzblut hergestellten Produkten. Viele dieser kreativen Anbieter setzen auf lokale Lieferanten und hochwertige Rohstoffe. Sie nutzen die neuen Möglichkeiten der Video-Kommunikation geschickt, zeigen, woher die Produkte kommen und wie diese mit Herzblut, Umweltorientierung und Kreativität in feinste Gerichte verwandelt werden. Diese Form der kundenorientierten Kommunikation mit dem ehrlichen, handwerklich orientierten Herstellungsprozess kommt bei Kunden unglaublich gut an.

Die Globus-Gruppe (Teil der Migros) setzt auf bildstarke Rezeptvideos

Und hier kommen Valerie und Nadine von der Jucker Farm…

Wenn kreative Menschen zusammenkommen, gemeinsam etwas entwickeln, das «Geschaffene» crossmedial über soziale Medien, Veranstaltungen, Websites, klassische Werbemittel wie Flyer und Visitenkarten vermarkten und beim Publikum das Angebot gut aufgenommen wird, sind die Voraussetzungen für eine Trendbewegung geschaffen. In der kalifornischen Universitätsstadt Berkeley, aber auch im Londoner Kreativviertel Shoreditch lösten kreative Köpfe eine globale Food-Revolution aus.